Sonntag, 14. Juni 2015

Land & Leute

Hallo zusammen,

eine weitere Woche ist vorüber und es gibt wieder viel Neues zu berichten!

Also die Einheimischen nennen diese Region aus Spaß auch Nordafrika. Und es gibt echt vieles, das an Afrika erinnert... Angefangen bei dem (jetzt schon) ziemlich verdörrten Land und unmenschlichen Temperaturen (morgens um 9:00 schon 28°C!) bis hin zu den vielen Afrikanern, die hier unterwegs sind. Die einen haben ihre Straßenstände und verkaufen überall Schmuck, geschnitzte Holzfiguren usw., die anderen laufen an größeren Kreuzungen mitten auf der Straße herum und warten nur auf rote Ampeln, um dann zu versuchen den Fahrern durch die Scheibe was anzudrehen bzw. gegen eine kleine Spende die Scheiben zu putzen. Auch vor Supermärkten warten sie und fragen beim Rauslaufen, ob man Hilfe beim Tüten tragen braucht - das ist ja eigentlich ganz süß und vor allem die älteren Leute hier kommen darauf wohl sehr oft zurück. Nicht ganz so süß sind die dunkelhäutigen Prostituierten, die an jeder Straßenecke sitzen und sich präsentieren - sowohl abends als auch tagsüber in der prallen Sonne. Auf dem Weg zur Arbeit fahre ich einige Kilometer an einem Feldweg entlang, sogar da sitzen sie in ihren Smarts und warten auf Kundschaft. Auch zwei Straßen von meiner WG entfernt, scheint ein guter Platz zu sein... Naja, mit der Zeit gewöhnt man sich an alles :)

Die südliche Region in Apulien heißt "Salento". "Lento" heißt "langsam" auf italienisch. Da hier alles etwas langsamer voran geht, ist "Salento lento" ein beliebtes Wortspiel bei den Einheimischen hier. Wenn der Kaffeeautomat mal wieder länger braucht oder man seit einer halben Stunde auf einen Kollegen für ein Meeting wartet, sagt man einfach Salento lento ;) Supermärkte haben teilweise auch sonntags auf. Es gibt ein paar Kilometer außerhalb von Lecce auch eine Art Breuni, ebenfalls 7 Tage die Woche bis 21 Uhr geöffnet, was mir persönlich ja sehr zusagt :) Nach 19 Uhr ist der Strom-/Wasser-/Gas-Verbrauch hier billiger, weswegen Wäsche generell abends gewaschen wird. Im Sommer wird statt warmen Kaffee (der hier immer ein superstarker Espresso ist) eher ein spezieller Eiskaffe getrunken. Eiswürfel ins Glas, Mandelsirup dazu und dann mit heißem Espresso übergießen - eine sehr leckere Angelegenheit und wohl auch eine Spezialität aus Lecce. Gestern habe ich eine weitere Spezialität genießen dürfen: "Sagne Ncannulate Leccese", eine bestimmte Nudelart mit Tomatensoße und kleinen Fleischbällchen und mal wieder sehr lecker. Mittwochabend war ich mit meinen Mitbewohnern Pizza essen und zwar gab's da eine 1m-Pizza, die auf einem langen Brett serviert wurde und bei der man jedes Stück mit einem anderen Geschmack wählen konnte. Die Pizza war fast so dünn wie Flammkuchen und gaaanz knusprig. Was soll ich sagen?! Wenn das hier so weiter geht war's das bald mit der Bikini-Figur :D Wer lieber eine "dickere" Pizza haben will, muss die napoletana bestellen. Die zu probieren, steht auch noch auf meiner to-do-list. 

Wie überall in Italien wird auch hier ein starker Dialekt gesprochen, der sich ab und zu wie chinesisch für mich anhört!! Deswegen bringen die lieben Kollegen mir gerade immer ein paar Dialekt-Wörter bei. "Andiamo" heißt zum Beispiel "Sciamo". "Beil dich" heißt im Standarditalienischen "sbrigati" und im Dialekt "mena". "Was willst du?" heißt original "(che) cosa vuoi?" und in dieser Region (gesprochen) "Tsche vuei". Ich lern fleißig weiter Vokabeln, damit ich bald als Einheimische durchgehe :D

Dann habe ich noch was Wichtiges über die Winde hier gelernt: der kühlere, der von den Bergen her kommt, heißt "tramontana" und wenn der einsetzt ist es an der Adria-Küste besonders schön. Haben wir dagegen den heißen "scirocco"-Wind aus Afrika, sollte man lieber an die Mittelmeer-/ionische Küste fahren. Ich bin inzwischen schon so weit aklimatisiert, dass ich fast ein bisschen friere, wenn abends der tramontana einsetzt, obwohl es dann oft immer noch 23°C hat. Verrückt!

Der Abend in Brindisi letztes Wochenende war übrigens überragend! Zwar hat Italien beim Fußball verloren, aber die Stimmung war trotzdem gut! Wie sollte das auch anders sein, wenn man das Spiel Open-air, unter Palmen, mit klasse Altstadt-Fassade und mit Aperol Spritz anschaut:


Gleich daneben, in den kleinen Gassen von Brindisi, fand das Negroamaro Winefestival statt. Ein Ticket hat 10€ gekostet, dafür konnte man 6 verschiedene Weine probieren und man hat ein Glas + Beutel zum um den Hals hängen bekommen (1. sehr lustiges Bild, wenn eine Menschenmasse mit diesen Beuteln rumläuft, 2. sehr praktisch, darin kann man auch ein volles Weinglas abstellen und hat die Hände zum essen frei :D ). Überall waren Bühnen mit Live-Musik aufgebaut. Ich hab mich super mit den neuen Arbeitskollegen verstanden (diese Gruppe besteht aus lauter 25-35jährigen, sehr aktiven jungen Menschen - perfetto!) und so war es ein rundum gelungener Abend!



Letzte Woche nach der Arbeit hab ich noch eine Einladung bekommen nach Santa Caterina zu kommen und eine Villa mit Meerblick zu besichtigen. Beeindruckend diese Gegend!! Da lässt sich's aushalten... Die Hafen mit den privaten Segelbooten liegt auch gleich vor der Haustür.




Ebenfalls letzte Woche in der Arbeit, habe ich einen Porsche-Testfahrer kennengelernt (der zugleich auch andere Fahrer ausbildet) und der mich spontan zu einer Spritztour über die Pista eingeladen hat. Mamma mia! Also ich hatte ja beim Einsteigen schon 'n flaues Gefühl, als der da mit 'nem Helm ankam und mir erstmal gezeigt hat wie man sich in so einem Rennwagen mit den Spezialgurten anschnallt. Nach der "Aufwärmrunde" (6 km) war mir schon etwas schlecht. Wenn man so schnell in die Kurven fährt, dreht sich irgendwie das Bild im Kopf... Bisschen wie Loopings fliegen :D Als wir über eine Kuppe geheizt sind, hat das Auto sogar kurz abgehoben und wir sind ein Stück "geflogen", vom Driften ganz zu schweigen. Das war wie Need For Speed nur in echt :D Nach und nach hab ich mich dran gewöhnt und die letzten Runden haben dann auch mega viel Spaß gemacht!!

Um mich nach solchen Strapazen bei der "Arbeit" zu erholen, muss ich mich am Wochenende dann natürlich immer auf die Suche nach neuen Strand-Geheimtipps machen und an meiner Italo-Bräune arbeiten. Gestern war ich wieder erfolgreich und zwar in Porto Selvaggio ("selvaggio" heißt "wild" und so war es dort auch... um zum Strand zu gelangen musste man einen Hang im Pinienwald in der vollen Pampa runter klettern und der versteckte kleine Feldstrand war auch fast menschenleer): 




Die Italienier bevorzugen Felsstrände, "da wird man nicht dreckig und der Sand klebt nicht überall" - die haben vielleicht Probleme! Aber wenn man sich an die eher unbequemere Liegeposition auf Steinen mal gewöhnt hat, sind diese Strände wirklich einmalig!!!











Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen